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Rundgang

Die Beschreibung des Rundgangs beginnt im Vorraum hinter dem Westportal, von der Kurstraße her kommend.

Ein Klick auf eines der Bilder öffnet die Galerie.

An der rechten Seitenwand stehen zwei Grabsteine aus rotem Sandstein (18. Jahrhundert) vom ältesten Nauheimer Friedhof. Wegen ihrer ortsgeschichtlichen Bedeutung wurden sie im Interesse besserer Erhaltung 1931 hierher verbracht.

Links der Stein des Salinenrentmeisters Georg Melchior Langsdorff, geb. 25. Februar 1713 in Wetzlar als Sohn des Rektors der dortigen Lateinschule, Joh. Nikolaus Langsdorff (1673-1747), der in gleicher Stellung 1718 nach Friedberg übersiedelte.

Rechts der Stein des aus Hanau gebürtigen Pfarrers Konrad Künßler, der nach Studienjahren in Bremen 1712 nach Nauheim kam und hier 1735 verstarb.

Die von reichem Bildhauerschmuck umgebenen Inschriften lauten:

Links: „Im Jahre 1767/Sterblicher/hier unter diesem Steine hat seine Ruhestätte gefunden/der weiland/Hr. Georg Melchior Langsdorff/Wetzlar war seine Geburtsstadt/Friedberg gab ihm gute Auferziehung/Jena und Göttingen machten ihn reich an /Wissenschaften/ — Nachdem er dahier in Nauheim/ 7 Jahre als Archivarius/ und als Salzrenthmeister 16 Jahre/Gott und seinem Fürsten treu gedienet/und in allem 54 Jahre 1 Monat gelebt hatte/hieß ihn Gott am 19. April was er Sterbliches/an sich hatte, ablegen/die unsterbliche Seele aber/nahm er zu sich auf in die ewigen Hütten/ Seine hinterlassene Wittib/Tit. Frau Maria Margretha/gebohrene Kochin/nebst sechs leiblichen Kindern/liessen ihm (dieses Denkmal/aus schuldiger Dankbarkeit/aufrichten. Mensch, wer du bist, bedenke das Ende, so wirst du nimmermehr Uebels tun. Syr.)". Eingeklammerte Schlusszeilen zerstört, nach älterer Aufzeichnung hier angefügt.

Rechts: „Allhier ruhet in seinem Teil bis ans Ende der Tage unter seinen geliebten Pfarrkindern ein fromm und getreuer Knecht Gottes, der Hochehrwürdig und Hochgelahrte Herr Conrad Künßler. 13 Jahre lebte er mit der Hochedel und Tugendbegabten Frauen Catharinen Sara de Bàry in einer vergnügten Ehe, die der Herr mit einer einzigen Tochter gesegnet. 23 Jahr hat Er die hiesige Heerde Christi in Nauheim willig und von Hertzensgrund geweidet. Das 54. Jahr seines alters war das seelige Jahr seiner Erblassung, da Ihn Gott am 18. April 1735 eingehen hieß durch einen seligen todt zur ewigen Freude und dadurch lassen den entseelten Leib in den Todt eingehen".

Bemerkenswertes Schmuckstück dieses sonst einfachen Raumes ist die strahlende kleine Rosette in der Westwand mit dem Engel als Friedenskönig.

Sie ist ein Werk der Darmstädter Glasmaler Benz und Rast, von denen auch die Kunstverglasungen der Doppelfenster im unteren Kirchenschiff sowie in der Sakristei und dem Küsterstübchen neben dem Chorraum stammen.

Diese Verglasungen erinnern an Stifter und am Kirchenbau Beteiligte sowie andere bedeutende Persönlichkeiten der Gemeinde.

Auch das Siegel der ev.-luth. Kirchengemeinde (1693 - 1818) ist dort zu entdecken.


Das Kircheninnere wurde im Jahr 1969 von Grund auf instand gesetzt. Es war die erste Instandsetzung seit dem Bau der Kirche.

Ausgangspunkt war der Stein. In Säulen, Wölbungen, Gesimsen und Fensterwänden gibt er dem Raum Sinn und Form und bestimmte die Farben.

Auf Weiß- und Grautöne abgestimmt, wird das Innere seitdem lichter, auch ruhiger und einheitlicher empfunden als es vordem gewesen ist.

Der Altar, die Kanzel und der Taufstein treten als beherrschende, künstlerisch gestaltete Elemente gottesdienstlichen Geschehens deutlicher hervor. Aus dem Chorraum leuchten in drei Buntglasfenstern Christi Geburt, Kreuzigung und Auferstehung. Am unteren Rand der Fenster sind die Namen der Stifter aufgeführt.

Daneben sollten die beiderseits flankierenden kleineren Fenster wegen der Schönheit ihrer Ornamentik nicht übersehen werden. Den zentral stehenden Altar krönt ein Kreuz. Aus französischem Kalkstein gearbeitet, hebt es sich von dem dunkleren Tisch farblich wirkungsvoll ab.

Die Wandgestaltung des Chorraums stammt aus dem Jahr 2006 und wurde von Tobias Kammerer gestaltet. In minimalistischer Form nehmen die Wandtafeln das Thema der Chorfenster auf. Das Silber steht für Weihnachten (Stern über Bethlehem), die  violette Farbe für Kreuzigung und Tod, das Gold für Auferstehung. Die schwarze, strichartige Übermalung kann als die Lebenslinie Jesu Christi verstanden werden.

Es ist eine aufsteigende Linie. Die Bilder korrespondieren untereinander: Tod findet sich auch im Weihnachtsbild (Kindermord zu Bethlehem) oder bei der Auferstehung (Wundmale Jesu). Und sie stehen in Kontrast zu den beruhigenden, eher statischen Fenstern darüber, in denen der Tod Jesu als ein Triumph dargestellt wird. Das dicke, pastose Violett erzählt vom Leiden und beschönigt es nicht.

Der untere Bereich des Chorraums wird so zu einem „Raum der Gegenwart“. Der Glanz der Bilder strahlt ab auf die Gemeinde und taucht sie, wenn sie etwa beim Abendmahl in einem Kreis um den Altar steht, in ein besonderes Licht.

Ergänzende Gedanken zur Gestaltung des Chorraums sind in einem separaten Abschnitt links dargestellt.

Unter den Chorfenstern sind vier kleine Sockelsteine mit altchristlichen Darstellungen geschmückt: Die brütende Taube, von der Schlange bedroht, der Pelikan, der mit seinem Blut seine Jungen nährt, das Lamm Gottes sowie der zur Sonne emporsteigende Adler. Rechts und links in den Chorecken erinnern zwei Vogelnester an die während der Bauzeit bei den Gerüsten unbekümmert brütenden Vögel. Es sind Arbeiten des Darmstädter Bildhauers Ludwig Gievers, der auch zahlreiche andere Stücke in und an der Kirche, beispielsweise die Kapitelle und den Altar, gearbeitet hat.


Taufstein und Kanzel wurden von Konstantin Starck aus Berlin entworfen.

Der Taufstein zeigt Jesus von Nazareth, der die Kinder tauft. Neben dem Sockel befindet sich die Stiftertafel.

Neben einigen Bad Nauheimer Familien haben viele Konfirmandenjahrgänge für den Taufstein gesammelt, denn zur Einweihung der Kirche war er noch nicht ganz bezahlt.

Die Kanzel trägt auf Wunsch ihres Stifters, Großherzog Ernst Ludwig von Hessen, das Bibelwort „O Land, Land, Land, höre des Herrn Wort“ (Jeremia 22, 29).

Die geschmückten fünf Felder zeigen:

  • Alpha und Omega, jeweils zum Kreuz stilisiert
  • eine Darstellung Jesu
  • im Mittelpunkt ein keltisches Kreuz
  • einen Engel mit Sichel und Getreidegarbe als Zeichen von Tod und Gericht

Alpha und Omega zusammen stehen für Anfang und Ende. Die pflanzlichen Ornamente der Kanzel stellen Querbezüge im Altarraum her: So findet sich auf dem Kreuz des Altars ebenfalls die Heckenrose, die auch im Wappen von Martin Luther zu finden ist. Der Taufstein greift das Weinlaub der Kanzel auf und verweist auf Jesu Wort: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben.“ (Johannes 15, 5a).

Am Fuß der Kanzel findet sich der Stiftervermerk: „Gestiftet von Seiner Königlichen Hoheit dem Großherzog Ernst Ludwig von Hessen, 1905.“

Aus Nauheims ältester Dorfkirche (niedergelegt 1740) stammt das unter der Südempore aufgestellte Taufbecken (12. Jahrhundert).

Im frühen Mittelalter war die Johanniskirche die Tauf- und Mutterkirche der gesamten nördlichen Wetterau.

Den Gefallenen des Zweiten Weltkrieges gilt das von Helmut Wagner (Niefern/Bd.) gestaltete und zum Totensonntag 1952 bei W. Derix (Rottweil) gefertigte Fenster unter der Südempore.

Dargestellt ist „über dem grausigen Feld des Todes, dessen Bomben auch vor den Gräbern nicht halt machten, im Morgenglanz der Ewigkeit das Kreuz als das Zeichen des ewigen Lebens zwischen den sieben himmlischen Leuchtern der Offenbarung, wo es kein Leid, noch Tod mehr gibt und Gott abwischen wird alle Tränen von unseren Augen" (Pfarrer Hermann Knodt, nach 1952).

Im Vorraum zum südöstlichen Ausgang sind zahlreiche Wappen Alt-Nauheimer Familien aufgehängt.  

Die Nordempore wird von der gewaltigen Orgel beherrscht. Sie wurde ursprünglich 1906 bei Walcker in Ludwigsburg gebaut und 1965 umgestaltet.

Im Oktober 2011 wurde das Fernwerk über der Kuppel wieder in Betrieb genommen.

Weitere Informationen zu Orgel und Fernwerk finden Sie in separaten Abschnitten links.

Zwei Buntglasfenster beiderseits der Orgel gelten der Macht der Musik und ergänzen die Bedeutung der Orgel.

Links David als Harfenspieler vor Saul, rechts der Jubelchor „Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden“ der himmlischen Heerscharen in der Weihnachtsnacht.


Auf der Südempore, der Orgel gegenüber, bildet das große Sprudelfenster ein Gegengewicht: Christus am Teich Bethesda, symbolisch auch auf Bad Nauheims Heilquellen und die ihnen gewidmete Dankeskirche bezogen.

Dem Chor gegenüber leuchtet die Westrose. Nach einer Zeichnung von Johannes Starck, einem Bruder des Schöpfers der Taufgruppe und der Kanzel, zeigt sie das Antlitz des sterbenden Christus mit der Umschrift: „Wenn ich einmal soll scheiden, so scheide nicht von mir".

Unter der Westrose wacht die Bach-Büste von Daniel Greiner (gest. 1943) über die Chorempore.

Das Meisterwerk des hessischen Bildhauers stammt aus dem Besitz des als „Waldpfarrer" von Oberklingen (Odenwald) bekannten Dichters Karl Ernst Knodt (gest. 1917), und ist ein Geschenk seines ältesten Sohnes Karl A. Knodt (gest. 1960), als er Propst von Oberhessen war.

Zwei Gedenkstätten gelten den gefallenen Gemeindegliedern des Ersten Weltkriegs: Beidseits auf der Chorempore bewahren zwei holzgeschnitzte Tafeln von Heinrich Walbe und Hermann Veite (Darmstadt-Nieder Ramstadt) die 138 Namen der Toten, sie wurden 1930 am Sonntag Reminiscere enthüllt.

Die Gefallenentafeln waren im Jahr 2014 Gegenstand einer Lichtinstallation mit Ausstellung, über die hier berichtet wurde.


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