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Geschichte der Dankeskirche

Der vor allem in Westdeutschland als Kirchenbaumeister bekannte Ludwig Hofmann (1862-1933) schrieb zu seinem Entwurf: „Für die Architektur sind die Formen der Frühgotik gewählt, welche in der Elisa­bethkirche der nahen Stadt Marburg eine der edelsten Repräsentantinnen hat. Einige Motive lehnen sich Vorbildern der engeren Heimat an. Die Kirche verspricht deshalb, nicht allein des Materials, sondern auch der Formen­sprache wegen einen ausgeprägt oberhessischen Charakter zu erhalten und ein Beispiel echter Heimatkunst der Architektur zu werden".

Errichtet wurde die Kirche in der Amtszeit von Pfarrer Otto Wissig, geboren 1853 in Giessen, gestorben 1933 in Bad Nauheim. Eine Schrifttafel am linken Chorpfeiler wahrt seit 1937 sein Andenken. Nach seelsorgerischer Tätigkeit in Butzbach (1878), Wenings (1879), Rodheim (1885) und Lampertheim (1890) war Otto Wissig im Oktober 1892 in das damals aufstrebende Bad Nauheim gekom­men, wo noch immer die in den Jahren 1740/42 erbaute Wilhelmskirche dem Gottesdienst diente. Doch das damals  hundertfünfzigjährige Gotteshaus war viel zu klein geworden. Etwa 700 Einwohner hatte Nauheim, als die Wilhelms­kirche gebaut wurde; etwa 3.000 und dazu noch etwa 9.000 Badegäste in den Sommermonaten, als Pfarrer Wissig nach Bad Nauheim kam. Eine neue, größere, und den Erfordernissen der gewandelten Stadt- und Gesell­schaftsstruktur entsprechende Kirche war also Gebot der Stunde und Wissig entschlossen, ihm mit allen Mitteln Rechnung zu tragen. Neben vielen anderen Aufgaben, die er in Bad Nauheim zu bewältigen hatte, wurde der Kirchenbau sein vordringlichstes Problem. Hierfür gewann er Helfer in seiner Gemeinde wie unter den Badegästen, um endlich in dreizehnjähri­gem Bemühen die Dankeskirche vollenden zu können.

Als Wissig, seit 1917 mit dem Titel „Kirchenrat" ausgezeichnet, nach 34 Amtsjahren in Bad Nauheim 1926 in den Ruhestand trat, fand er, wie es in einem Nekrolog hieß, Zeit und Muße, um zu vollenden, „was als Dichter und Schriftsteller in ihm geschlummert hatte". Zu nennen in diesem Zusammenhang seine „Trilogie vom Sieg des Kreuzes" (1928) mit den dramatischen Spielen „Simon von Kyrene", „Johannes der Täufer" und „Julian der Apostat"; sodann sein wissenschaftliches Hauptwerk „Wynfrid Bonifatius - ein Charakterbild nach seinen Briefen" (1929) und als Ergänzungsband „Iroschotten und Bonifatius in Deutschland" (1932), mit dem er der Theologischen Fakultät der Universität Giessen für den ihm 1930 verliehenen Ehrendoktor der Theologie dankte.

Stadtgeschichtlich steht die Dankeskirche auf altem Kultur­boden. Das unerwartet bis in sechs Meter Tiefe notwendig gewordene Turmfundament brachte wertvolle Bodenfunde zur frühesten Siedlungs­geschichte, vorwiegend zur Salzgewinnung in der von der keltischen Kultur geprägten Spätlatènezeit.

Die Errichtung der Kirche an Stelle des ersten Kur- und Badehauses von 1835 verbindet diese aber auch aufs Engste mit der Geschichte des Bades. Denn dieses erste Badehaus war ja mit Austritt des Großen Sprudels 1846 und des unmittelbar neben ihm erbohrten Friedrich-Wilhelm-Sprudels von 1855 und den alsdann dort errichteten neuen Badehäusern der 1850er und 1860er Jahre überflüssig geworden, konnte also vom Erdboden verschwin­den, um neuen Erfordernissen zwischen Altstadt und Neustadt Platz zu machen. So trennte sich das Land Hessen als Eigentümer jener Parzelle denn auch leichten Herzens von diesem Gemäuer zugunsten der Dankeskir­che, die, wie Pfarrer Wissig in den Tagen der Planung einmal schrieb, Gott zum Preis und Dank, Seiner Königlichen Hoheit zur Freude, unserem gelieb­ten Hessenlande zum Ruhm, den Fremden und Einwohnern der Stadt aber, die in dem Gotteshaus aus- und eingehen werden, zum Segen für Zeit und Ewigkeit errichtet werden sollte. Auch unter veränderter Gesellschafts­struktur sei dieses Wort gegenwärtig.

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