Grundsätzlich lässt sich das Judentum in eine orthodoxe und eine nichtorthodoxe Strömung einteilen. Diese verschiedenen Ausrichtungen haben unterschiedliche Auffassungen der Offenbarung am Berg Sinai. Während die orthodoxe Richtung Moses Empfängnis der Tora wörtlich auslegt, sieht die nicht- orthodoxe Strömung die Offenbarung als nicht absolut an, sondern als fortlaufenden Prozess des Dialoges Gottes mit seinem Volk. Im Kontext der jahrhundertelangen historisch- kritischen Auslegung sind aus dieser Annahme alle nicht- orthodoxen Gruppierungen des Judentums gewachsen. Ethnisch und kulturell lässt sich das heutige Judentum in zwei Gruppen trennen: Die aschkenasischen Juden und die sephardischen Juden.
8,5 Millionen Juden weltweit, also die Mehrheit des Judentums sind aschkenasische Juden. Sie sind aus einer Gruppe von Juden hervorgegangen, die seit Ende der Spätantike in Westeuropa, also Frankreich, England, Deutschland und Mittel- und Osteuropa ansässig war. Sie spalten sich wiederum in Chassidim und Mitnagdim auf. Die sephardischen Juden auf der anderen Seite entstammen den bis zur Vertreibung 1492 und 1513 auf der Iberischen Halbinsel lebenden Juden. Diese lebten dann in den Niederlanden, Spanien, Portugal in Norddeutschland vor allem in der Hansestadt Hamburg, aber auch in Afrika, Indien und Amerika. Ihre Kultur ist durch die iberische Kultur nachhaltig beeinflusst worden.
Orthodoxes Judentum:
Die Zahl der orthodoxen Juden beträgt 1,3- 1,5 Millionen weltweit, von denen 700 000 in Israel leben und 10% der Bevölkerung ausmachen. Die Hauptströmungen des Orthodoxen Judentums liegen zum einen im modernen und neuorthodoxen Judentum und zum anderen im ultraorthodoxen Judentum, das sich in Chassidim und Mitnagdim untergliedert. Der Chassidismus ist eine orthodoxe Strömung, die sich in der Zeit des 2. Tempels (300-175 v.Chr.)gebildet hat. Auf der Grundlage des wachsenden Aberglaubens und den messianischen Erwartungen ist der Chassidismus seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts besonders in den südpolnischen Regionen bedeutend geworden.
Eine besondere Empfindung der Gottesnähe gepaart mit Mystik sind das besondere Merkmal dieser Ausrichtung. Der Mitnagdim („Gegner“) ist eine Gruppe von Juden, die sich gegen die mystische Verklärung des Chassidismus formte.
Sie sahen der Ekstase der Chassidim auf Kosten der Gelehrsamkeit kritisch entgegen. Die Basis des orthodoxen Judentums bildet die Tora, sich untergliedernd in die schriftliche Tora (Sefer Tora) und die mündliche Lehre (Talmud).
Die Tora wird von den Orthodoxen als maßgebliches Wort Gottes empfunden, welches in alle ihrer Lebensbereiche hineinwirkt: Vom ganzheitlichen Gottesdienst über die Kindererziehung, das Torastudium, Lobpreisungen bis zu einer Absonderung ihrer Gruppe von der nicht- jüdischen Welt.
Das ultraorthodoxe Judentum ist die politisch und sozial konservativste Richtung innerhalb des Judentums. Hebräisch werden die Anhänger als „Charedim“ (Gottesfürchtigen) bezeichnet. In Israel gehen 60-70% der charedischen Juden (Männer) keiner Arbeit nach. Sie verbringen ihre Zeit allein in religiösen Lehranstalten. Bisher waren sie vom obligatorischen Militärdienst im Land Israel befreit und werden vom Staat finanziell unterstützt. Ihre Frauen sind dann oftmals berufstätig und vielfach weltlich besser ausgebildet als ihre Männer. Das Heiratsalter der ultraorthodoxen Frauen liegt bei 18- 20 Jahren, sie haben im Schnitt 7 Kinder.
60% der ultraorthodoxen Juden leben in Armut. Ihre Haltung zum Staat Israel ist gespalten: Manche Gruppierungen lehnen den Staat Israel ab. Andere beteiligen sich intensiv an Politik und Gesellschaft. Ultraorthodoxe Gruppierungen und Parteien haben im Staat Israel seit der Staatsgründung einen bedeutenden politischen Einfluss. Das Oberrabbinat in welchem zwei ultraorthodoxe Oberrabbiner ein aschkenasischer Vertreter und ein sephardischer Vertreter zivilrechtliche Fragen beurteilen, hat großen Einfluss auf die israelische Gesellschaft.
Rekonstruktivismus (USA)
Der Rekonstuktivismus wurde in den USA der 1930 er Jahre gegründet. Er ist die jüngste Strömung des Judentums. Von 13 Millionen Juden weltweit leben 6 Millionen in den USA, davon sind 6% orthodoxe, 38% reformierte und 2% rekonstuktivistische Anhänger. Der Rekonstruktivismus ist aus dem konservativen Judentum hervorgegangen und sieht sich nicht nur als Religion, sondern als „weiterentwickelte, religiöse Zivilisation“ an. Er umfasst nicht nur rituelle, sondern alle Lebensbereiche: Geschichte, Literatur, Kunst, Land, Musik und Sprache sind einige davon.
Zu den kleineren jüdischen Strömungen zählt die
Jüdische Mystik (Kabbala).Sie ist eine jahrhundertelange mündliche Überlieferung, deren Wurzeln sich im Tanach (der heiligen Schrift) finden. Verbreitung findet sie vor allem in Israel und den USA.
Eine der laizistischen Strömungen ist das säkulare Judentum. Es beschreibt eine jüdische Haltung, in der Juden spezielle jüdische Werte akzeptieren, das Judentum als Religion jedoch nicht praktizieren. Eine Person, die sich als säkularer Jude beschreiben würde, würde sich also nicht als religiös bezeichnen, sich jedoch ethisch, ethnisch, kulturell und politisch als Jude ansehen.
Das Humanistische Judentum ist eine Bewegung in den USA. Als Quelle dient ihnen eine jüdische Identität, in der eine jüdische Kultur und Geschichte primär anstatt des Glaubens als Ankerpunkt dient. Die philosophischen Anschauungen dieser Bewegung wurzeln im Humanismus und Säkularismus.