Beim Eintreten in die Kirche beeindruckt gleich das große Fenster. Es wurde 1960 bei der Erneuerung der Kirche durch Professor Bruno Müller-Linow (1909-1997) geschaffen. Er selbst schreibt darüber:
„Das große Kirchenfenster in der Johanneskirche ist ein Betonglasfenster. Zwischen den dicken, farbigen Gläsern französischer Herkunft befindet sich, von einer geordnet verteilten Eisenarmierung durchdrungen, dunkler Beton. In den berühmten Kirchen im südfranzösischen Raum haben Leger, Bazine und Mannessier mit diesem, der neuen Architektur sich anpassendem Material, herrliche sakrale Fenster geschaffen."
Dem Namen der Kirche entsprechend steht im Mittelpunkt die Begegnung Johannes des Täufers mit Jesus am Jordan. Johannes weist auf Jesus - die Hand Jesu, friedlich und zum Frieden einladend, weist auf das Lamm. Bei aller Unterschiedlichkeit in der Ausführung erinnert diese Darstellung an den Isenheimer Altar Matthias Grünewalds.
Bei den weiteren Entdeckungen hilft uns wieder der Künstler:
„Die blauen Farben des Wassers und des Himmels gehen zusammen und spielen sich gegenseitig aus. Man wird oberhalb von Christus das Zeichen Betlehems entdecken, als Zeichen einer Geburt abseits von den bedeutungsvollen Straßen der Obrigkeit - letzten Endes in einem Stück geistiger Wüste als Quelle des Neuen und der Kraft. Die Worte aus der Taufpredigt des Johannes, dass einer nach ihm komme, der mit Geist und Feuer taufen wird, ergeben die Motivwelt des wirklichen Oben des Fensters, beherrscht von dem Zeichen Gottes, dessen Hand zum brennenden Weinstock weist, der in das Feuer der letzten Läuterung geworfen wird. Die hohen Engel der letzten Zonen umgeben als Cherubime und Seraphime das Geschehen."
Die Gruppe der drei Männer rechts neben Jesus ist vom Künstler als Gruppe Gewand tragender Engel eingefügt, die Buße üben und Opfer bringen, darin Johannes dem Täufer nah. „Man gibt seinen zweiten Rock hin, man opfert als Kriegsmann seinen Sold und opfert Brot, wenn man es reichlicher hat..." Manchen Beschauer erinnert die Gruppe aber auch an die Weisen aus dem Morgenland, die ihre Gaben bringen. Andere Details erlauben diese Deutung:
"Die dunkel glühende Schlange (unterhalb des Christusmonogramms) mag man als Symbol unserer Unzulänglichkeiten sehen oder als Verlautbarung des Johanneswortes: 'Ihr Otterngezücht!' Durch das Symbol der alten Kirche, den Anker, fasse ich den Akt der Taufe zusammen und deute unter diesem Symbol den Delphin an, den Fisch, die Fleischwerdung Christi.
Unterhalb des Johannes befindet sich eine Darstellung von der Verkündung seiner Geburt an Zacharias durch Gabriel und den Opferrauch, der als Formmotiv dem Maler noch mehr bedeutet als Illustration. Innerhalb vieler Formen von Wasser und Luft, begleitet von den Zeichen für Fels und Erde - die Andeutung der vier Elemente - wird das Kreuz sichtbar, glühend in der Verheissung des sakralen Purpur und Gelb.
Für mich ist dabei die Rückblendung auf das Geschehen des Felswunders links unten als ein sehr hiesiger Hinweis auf die Quellwunder Nauheims - Symbol der Brunnenschale - deshalb verständlich, weil evangelisches Christentum diese ständigen aktuellen Gegenwarten nicht übersehen sollte.
Der Kelch mit dem glühenden Rot des bedeutungsvollen Blutes und die Nachbarschaft des Brotes erinnern an das Abendmahl Jesu mit seiner Gemeinde - behütet von einem wachenden Engel und dem altchristlichen Symbol der beiden Pfauen, rechts und links vom davorstehenden Altar."